Buying Center: Verstehe deine B2B-Kunden wirklich
Im B2B-Geschäft entscheidet selten nur eine Person über einen Kauf. Genau hier kommt das Buying Center Modell ins Spiel. In diesem Artikel erfährst du, was hinter dem Konzept steckt, welche Rollen es gibt – und wie du als Gründer gezielt den Entscheidungsprozess deiner Zielkunden beeinflusst.
Warum das Buying Center für Gründer relevant ist
Du verkaufst an Unternehmen? Dann hast du vor allem in großen Organisationen wie z.B. Konzernen es nicht nur mit einem einzigen Entscheider zu tun, sondern mit mehreren Personen, die gemeinsam den Kauf beeinflussen. Das Buying Center Modell hilft dir, diese Akteure zu identifizieren, ihre Motive zu verstehen und gezielt anzusprechen.
Egal ob du Maschinen, Software, Personalberatung oder (technische) Dienstleistungen anbietest – je besser du die internen Entscheidungsstrukturen deiner Zielkunden kennst, desto eher schließt du den Deal.
Was ist das Buying Center?
Das Buying Center (auch: Decision Making Unit) bezeichnet alle Personen in einem Unternehmen, die an einer Kaufentscheidung beteiligt sind – direkt oder indirekt. Dabei geht es nicht nur um formelle Hierarchien, sondern auch um informelle Einflussnehmer. Das Modell stammt aus dem B2B-Marketing und wird vor allem im strategischen Vertrieb verwendet.
Ein typisches Buying Center besteht aus 5 bis 6 Rollen – jede mit eigenen Interessen, Befugnissen und Einflussmöglichkeiten.
Die klassischen Rollen im Buying Center
1. Initiator – Der Anstoßgeber
Diese Person erkennt ein Problem oder Bedürfnis und startet den Beschaffungsprozess.
Beispiel: Ein Teamleiter bemerkt, dass die interne HR-Software aufgrund fehlender Schnittstellen zu KI-Anwendungen veraltet ist und schlägt vor, etwas Neues einzuführen.
2. User – Die Nutzer
Sie arbeiten später mit dem Produkt oder der Dienstleistung. Ihre Meinung hat Gewicht, gerade bei Tools oder Dienstleistungen, die direkt den Arbeitsalltag betreffen.
Beispiel: Das HR-Team prüft, ob die neue Software die tägliche Arbeit erleichtert – etwa bei der automatisierten Bewerbervorauswahl oder dem digitalen Onboarding.
3. Gatekeeper – Die Eingangswächter
Gatekeeper kontrollieren den Zugang zu Informationen oder Personen. Das kann die Assistenz der Geschäftsführung sein, die entscheidet, welche Anbieter überhaupt durchgestellt werden.
Beispiel: Die Assistenz der Geschäftsführung entscheidet, ob dein Angebot überhaupt zur Geschäftsführung weitergeleitet oder in einem Meeting platziert wird.
4. Buyer – Der Einkäufer
Der Einkäufer verhandelt Verträge, Preise und Konditionen. Seine Hauptmotivation: wirtschaftlich denken, Risiken vermeiden. Oft formal verantwortlich für den Abschluss.
Beispiel: Der zentrale Einkauf prüft, ob dein Angebot im Rahmen des Budgets liegt, rechtlich sauber ist und sich gut ins bestehende Lizenzmanagement einfügt.
5. Decider – Die Entscheider
Diese Rolle liegt oft bei der Geschäftsführung oder Bereichsleitung. Sie treffen letztlich die Kaufentscheidung – und brauchen Argumente auf Management-Ebene.
Beispiel: Die Geschäftsführung entscheidet auf Basis eines Business Cases, ob die Investition in eine neue KI-fähige HR-Lösung mittelfristig die Effizienz steigert.
6. Influencer – Die Einflussnehmer
Sie beraten Entscheider, ohne selbst verantwortlich zu sein. Das können Techniker, Berater oder externe Experten sein.
Beispiel: Die IT-Abteilung gibt Empfehlungen zur technischen Kompatibilität der neuen Lösung und zur Datensicherheit – und hat großen Einfluss auf das „Go“ oder „No-Go“.
Wichtig: Eine Person kann mehrere Rollen gleichzeitig einnehmen – vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Wie du das Buying Center identifizierst
Hier hilft Recherche – und eine Portion Menschenkenntnis. So gehst du schrittweise vor:
1. Zielkunden gut identifizieren
Bevor du überhaupt auf einzelne Rollen schaust, solltest du dein Zielunternehmen grob einordnen:
- Wie groß ist das Unternehmen (KMU vs. Konzern)?
- In welcher Branche ist das Unternehmen? (Entscheidungswege unterscheiden sich stark)
- Um welchen Anwendungsfall geht es? (Strategisch vs. operativ)
Je strategischer das Thema ist, desto mehr Rollen sind meist beteiligt. Daher hilft es, für die Analyse jemanden zu haben, der durch konkrete Erfahrungswerte mit Prozessen aus verschiedenen Unternehmen und Branchen vertraut ist. Über die Vielzahl unserer Kunden konnten wir hier tiefergehende Einblicke gewinnen, die wir im Rahmen unserer Gründungsberatung einfließen lassen. Da unterstützen wir dich gerne dabei, dein Zielkundenprofil zu erstellen.
2. Einstiegskontakt gezielt auswählen
Starte den Kontakt mit der Person, bei der du den größten Hebel vermutest – oft ist das der Initiator, ein potenzieller Influencer oder einfach die Person im Unternehmen, zu der du privat ein gutes Verhältnis hast und die dir Informationen geben kann. Achte auf:
- Relevanz zur Anwendung deines Angebots
- Einfluss auf interne Prozesse
- Kommunikationsfreudigkeit
Ein guter Startkontakt öffnet dir später Türen zu anderen Rollen im Buying Center.
3. Unternehmensstruktur recherchieren
Hier gehst du in die Tiefe und fragst dich: Wer ist wo tätig?
Durchsuche dazu die Informationen aus LinkedIn, XING oder der Firmenwebsite. Zusätzlich kannst du Organigramme oder Presseberichte nutzen, um dich über Veränderungen im Unternehmen zu informieren. Zuletzt helfen dir Tools wie Hunter.io oder Apollo.io bei der Kontaktzuordnung.
Dein Ziel: Ein grobes Bild vom Entscheidungsumfeld zeichnen – wer arbeitet wo, wer könnte involviert sein?
4. Relevante Rollen ableiten
Auf Basis deiner Recherche identifizierst du potenzielle Rollen im Buying Center:
- Wer nutzt das Produkt (User)?
- Wer hat ein Problem erkannt (Initiator)?
- Wer entscheidet (Decider)?
- Wer verhandelt (Buyer)?
Notiere dir Hypothesen – du musst nicht sofort alles wissen, aber du brauchst einen klaren Plan, den du im Gespräch validieren willst.
5. Gespräche gezielt führen
Nutze Kundengespräche, um deine Hypothesen zu überprüfen. Stelle strategische Fragen wie:
- „Wie laufen bei Ihnen typischerweise Beschaffungen ab?“
- „Wer ist intern noch involviert?“
- „Wie sehen die nächsten Schritte zur Entscheidungsfindung aus?“
Dein Ziel: Sichtbar machen, wer welche Rolle spielt – oft kommen dabei neue, unerwartete Namen ins Spiel.
6. Buying Center dokumentieren
Halte alle Erkenntnisse strukturiert fest – am besten in einem CRM-System wie z.B. Hubspot. Erstelle eine Buying-Center-Map pro Unternehmen mit folgenden Feldern:
- Name und Position
- Rolle im Entscheidungsprozess
- Einflussgrad (hoch/mittel/gering)
- Einstellung zum Angebot (positiv/neutral/kritisch)
- Nächster geplanter Kontakt
Das ist Gold wert für dich – und für dein späteres Vertriebsteam.
7. Beziehungen aktiv ausbauen
Jetzt kommt der Beziehungsaufbau: Nimm Kontakt zu den wichtigsten Personen auf oder erhalte Zugang über deinen bestehenden Kontakt. Nutze dafür:
- Intros via E-Mail oder Videokonferenzen
- Einladung zu Netzwerkveranstaltungen oder Webinaren
- Persönliche Empfehlungen
Je besser dein Draht zu mehreren Rollen ist, desto stabiler wird der Verkaufsprozess.
8. Dynamiken beobachten
Entscheidungsprozesse sind nicht statisch. Beobachte:
- Wer spricht wie über wen?
- Wer treibt das Thema, wer bremst?
- Gibt es interne Reibung oder Koalitionen?
Diese feinen Signale helfen dir, Allianzen zu bilden – oder gezielt Einwände zu entkräften.
Strategien für Gründer: So überzeugst du das Buying Center
Der Trick liegt darin, jede Rolle individuell anzusprechen – mit passenden Argumenten.
Rolle |
Fokus deiner Kommunikation |
Initiator |
Bedürfnis erkennen und Lösung anbieten |
User |
Usability, Alltagstauglichkeit, Support betonen |
Gatekeeper |
Höflich, professionell, effizient kommunizieren |
Buyer |
Preis-Leistungs-Verhältnis, Vertragsklarheit |
Decider |
ROI, Effizienz, strategischen Nutzen betonen |
Influencer |
Fachliche Tiefe, Argumentationshilfen liefern |
Beispiel: Wenn du eine neue HR-Software anbietest, interessiert den User (HR-Team) die einfache Bedienung. Den Buyer (Einkauf) interessiert der Lizenzpreis. Und der Decider (Geschäftsführer) fragt nach Einsparpotenzial und Mitarbeiterzufriedenheit. Drei Perspektiven – eine Lösung. Du musst sie nur richtig verpacken.
Buying Center bei KMU vs. Konzernen
Auch kleine Unternehmen haben Buying Center – nur sind die Rollen oft in einer oder zwei Personen gebündelt. Das macht den Zugang einfacher, erfordert aber ein gutes Gespür für Prioritäten. Bei Konzernen ist die Struktur dagegen oft formalisiert – und langwieriger.
Daher: Als Gründer im B2B-Bereich solltest du dich immer fragen – wie viele Personen sind realistisch beteiligt und wer entscheidet wirklich?
Fazit
Das Buying Center Modell hilft dir, den Kaufentscheidungsprozess deiner Zielkunden besser zu verstehen – und gezielter zu verkaufen. Die wichtigsten Punkte:
- Es gibt meist mehrere Beteiligte mit unterschiedlichen Rollen
- Jede Rolle hat eigene Bedürfnisse und Entscheidungskriterien
- Gute B2B-Kommunikation adressiert diese gezielt
- In KMU sind die Rollen oft zusammengelegt – das erfordert Flexibilität
Wer also im B2B-Bereich erfolgreich sein will, muss mehr als nur ein gutes Produkt bieten. Du musst verstehen, wie deine Kunden entscheiden – und wer mit am Tisch sitzt. Das Buying Center Modell liefert dir genau diesen strategischen Einblick. Nutze es, um klüger zu verkaufen und deinen Vertriebsprozess auf ein neues Level zu heben.
Du willst mehr über strategischen Vertrieb und erfolgreiche Positionierung im B2B-Bereich erfahren? Dann schau gerne in unsere weiteren Blogartikel zum Thema Gründung oder sprich mit unseren Experten in der Gründungsberatung.